Wärme und Kälte aus Abwasser im Raum Stuttgart

Wärme aus Abwasser ist eine der wenigen Energiequellen, die uns in der Stadt Stuttgart zur Verfügung steht. Die Energiedienste der Landeshauptstadt Stuttgart möchten das enorme Potenzial nutzbar und der Stadtgemeinschaft zugänglich machen. Daher planen wir den Einbau von Wärmetauschern in den Abwasserkanälen der Stadt, die dem Abwasser Wärme entziehen und als Quelle für Gebäudewärme dienen. Somit nutzen wir einer der bedeutsamsten Energiequellen der Stadt Stuttgart und leisten gleichzeitig einen entscheiden Beitrag zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors. Möchten Sie mehr darüber erfahren? Dann schauen Sie in unseren Leitfaden oder kontaktieren Sie uns direkt per E-Mail.

Das Potenzial des Abwassers

Wie und wo entsteht Abwasser?

Abwasser resultiert aus dem alltäglichen Wasserverbrauch in Haushalten, Gewerbebetrieben und in der Industrie. In Haushalten stammt es vom Duschen, Baden, Waschen, Kochen, Spülen oder der Toilettennutzung. Gewerbe und Industrie erzeugen Abwasser bei der Produktion, Verarbeitung, Reinigung und Kühlung von Maschinen. Auch Regenwasser und Schnee, der von Dächern, Straßen und anderen Flächen abfließt, gelangt ins Abwasser. Das gesammelte Abwasser Stuttgarts wird durch ein weitverzweigtes Kanalisationssystem zu den insgesamt vier Klärwerken in Mühlhausen, Ditzingen, Möhringen und Plieningen transportiert. In der Landeshauptstadt Stuttgart gibt es nur die sogenannte Mischkanalisation, welche Regen- und Schmutzwasser gemeinsam abführt. Das Potenzial für die Wärmenutzung aus Abwassersystemen ist in großen Städten wie Stuttgart und in deren Ballungsraum aufgrund höherer Durchflussmengen und Abwassertemperaturen gegeben.

Nutzung der Energie im Abwasser

Im Abwasserkanal herrschen in der Regel Temperaturen von 10 bis 25°C. Damit besitzt Abwasser eine hohe thermische Energie, die sich dank eines Wärmetauschers ideal für die Wärmerückgewinnung nutzen lässt. Installiert im Abwasserkanal, kann der Wärmetauscher die Wärmeenergie über ein Transportmedium (Wasser- oder Wasser-Glykol-Gemisch) aufnehmen und an eine Wärmepumpe weiterleiten. Die ökostrombetriebene Wärmepumpe hebt die Temperatur dann auf ein nutzbares Niveau an – lokaler geht es nicht. Spezielle Versorgungsleitungen bringen die Energie schließlich in die Gebäude der Verbraucher, wo sie zum Heizen oder Kühlen genutzt werden kann. Weil sich Wärme- und Kältenetze nur hinsichtlich der Richtung des Wärmetransports unterscheiden, ist es häufig möglich, dasselbe System für beide Zwecke zu verwenden. Das Abwasser in der Kanalisation ist dabei sowohl als Wärmequelle als auch Wärmesenke hervorragend geeignet. Bei Lastspitzen und als Redundanz unterstützen weitere Energiequellen, die der Kunde bereitzustellen hat.

Voraussetzungen, anfallende Kosten und Preisspanne

Voraussetzungen für die Abwasserwärme

Die Erschließung der Energiequelle Abwasser bedarf einiger Anforderungen, die nachfolgend erläutert werden. Ist der Abstand zwischen der Bebauung und dem Abwasserkanal zu groß, lohnt sich die Investition in die Leitung zum Transport der Wärme nicht. Generell kann nicht garantiert werden, dass alle Anfragen auch realisiert werden. Aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit, des Nachhaltigkeitskonzepts der Stadt Stuttgart, zeitlicher Abweichungen, zu geringer Abnahmemengen (Entzugsleistung im Abwasserkanal < 150 kW) und ungünstiger Abnehmerstruktur können Anfragen abgelehnt werden.

Kostenübersicht Abwasserwärme

Die Erschließungskosten werden stark von den jeweiligen Gegebenheiten beeinflusst. In Abhängigkeit von der technischen Ausführung der Kanalisation, Anlagentechnik und Gebäudelage variieren die Kosten. Die EDS werden die entstandenen Kosten für die Nutzung der Abwasserwärme gemäß Gemeinderats-Beschluss vom 16.05.2024 unseren Vertragspartnern ohne Gewinnaufschlag weiterreichen. Die nachfolgenden Angaben basieren auf Erfahrungswerten und Studien und sind ohne Gewähr.

1. Vorprüfung: Im Rahmen der Vorqualifizierung prüfen wir, ob Ihr Standort grundsätzlich für den Bezug von Abwasserwärme geeignet ist. Dabei fallen für Sie keine Kosten an.
2. Kosten für die Grundlagenermittlung: Die Kosten entstehen durch den Personalaufwand der EDS und SES sowie externe Unternehmen (Durchflussmessung, hydraulische Prüfung, Bewertung des Kanalzustands). Sie liegen bei etwa 15.000 Euro
3. Fachplanung, Investitionsausgaben: Die Planung und Investitionsausgaben variieren, wie oben beschrieben, im Einzelfall stark. Sie umfassen Fachplanung, Kanalbefahrung, den Abwasserwärmetauscher, Mess-, Steuer- und Reglungstechnik, die Abnahme sowie den Rückbau nach Ende der Nutzung. Erfahrungswerte im Stuttgarter Raum liegen in der Größenordnung 1.090 – 2.063€/kW.
4. Kosten für die Betriebsüberwachung und sonstige Kosten: Kosten für Wartung, Instandhaltung, kaufmännischen Betrieb, Versicherung, Miete Betriebsgebäude etc. und liegen bei ca. 27 bis 71 €/kW*a. Hinzu kommt eine noch nicht festgelegte Abwasserwärmenutzungsumlage für Maßnahmen zur Sicherstellung der Abwassermindesttemperatur am Klärwerk.
5. Wärmegestehungskosten: Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. beziffert mögliche Wärmegestehungskosten im Merkblatt DWA-M 114 auf 7 bis 11 ct/kWh. Die Zahlen basieren auf einer Auswertung von 12 Machbarkeitsstudien aus dem Jahr 2011.

Von der Anfrage zur Nutzung der Abwasserenergie

So einfach geht’s: Ihr 9-Schritte-Weg zur Nutzung von Abwasserenergie

Anfrage und Potentialabschätzung

Kapazitätsprüfung der EDS zur Anfrage, Adresssuche, Potenzial, Einbauzeitpunkt, Information, ob eine Wärmelieferung gewünscht wird

Vorprüfung des Kanals durch die EDS (gemeinsam mit SES)

Standort, Prüfung auf Förderungsmöglichkeiten, Entfernung Kundinnen und Kunde zum Kanal, Abschnittslänge, Kanaldimensionen, Zustandsanalyse, Durchflussmessung, Wärmepotenzial, Gegebenheiten im Kanalsystem bezüglich weiteren Abwasserwärmenutzungsanlagen

Abwägung mit Kundinnen und Kunden

Energiekonzept und Heizsystem, erste Kostenbetrachtungen

Entscheidung für ein Nutzungskonzept

a) Inliner-System
b) Bypass-System

Grundlagenermittlung des ausgewählten Konzepts (Inliner- oder Bypass-System)

Potenzialbewertung, Auswertung Pumpwerksdaten, Abschätzung Bauperspektiven

Vor- und Entwurfsplanung

Vorauslegung, genauere Kostenschätzung

Vertragsunterzeichnung

Vertrag zur Erschließung der Abwasserenergiequelle mit EDS

Ausführungsplanung

Organisation, Bau- und Installationsablaufplan

Bau und Inbetriebnahme

Ausführungsphase mit anschließender Inbetriebnahme, Beginn der Nutzung der Abwasserenergie durch Kundinnen und Kunden, Monitoring und Wartung der Abwasseranlage

Benötigen Sie noch weitere Informationen? Mehr Informationen über das Projekt erfahren Sie aus dem "Leitfaden Abwasser" im Bereich Downloads.

Haben Sie Interesse an der Nutzung von Abwasser? Füllen Sie das im Bereich Downloads zur Verfügung gestellte "Kundenenergie-Anfrageformular" aus und stellen Objektinformationen und -unterlagen zusammen. Anschließend lassen Sie uns die Dokumente über [email protected] zukommen. Liegen uns die benötigten Unterlagen vor, kümmern wir uns um eine zeitnahe Bearbeitung Ihrer Anfrage.